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Tourbillon „Gegen die Schwerkraft“


Stand: 10/2022


Der Nachlass des
Generalfeldmarschalls
Erhard Milch

 

Zu diesem Buch

Am 30. Dezember 1971 spielte sich in Lüneburg ein einmaliger Akt ab, der eher zu den merkwürdigen Folgen des Zweiten Weltkriegs gehört: Die Rückgabe eines Marschallstabes. Der von der schottischen McRobert-Trust-Stiftung verwahrte Stab und andere persönliche Wertsachen, waren von britischen Soldaten im April 1945 nach einer Gefangennahme entwendet worden. Auch als ein Zeichen der Versöhnung wurde die Bundeswehr von ihren traditionsbewussten britischen Freunden, die derartige Dinge aus anderen Positionen betrachten, gebeten, diese Übergabe zu veranlassen. Ohne Zeremoniell, da es sich lediglich um die „Rückgabe persönlichen Eigentums handele“. Nur vier Wochen später am 25. Januar 1972 starb dieser Privatmann in Wuppertal - Barmen und wurde auf seinen ausdrücklichen Wunsch in Lüneburg beigesetzt. Er überlebte vier Flugzeugabstürze, zwei schwere Autounfälle, die Entgleisung einer Lokomotive und alle Richter der Siegermächte, die ihn zu lebenslangem Zuchthaus verurteilten.

Als in den späten 90er Jahren eine Kundin mein damaliges Ladengeschäft in der Lünertorstraße 20 in Lüneburg betrat, konnte ich noch nicht wissen, dass ich 2001 einen der größten zusammenhängenden militärischen Nachlässe der Nachkriegszeit erwerben sollte. Es handelte sich um die in einer Lüneburger Randgemeinde bei seiner Nichte aufbewahrten Zeitdokumente des ehemaligen Präsidenten der deutschen Lufthansa, Staatssekretär im Luftfahrtministerium, Generalinspekteur der Luftwaffe, Generalluftzeugmeister, Generalfeldmarschall Erhard Alfred Richard Oskar Milch. Über die Person des Mitbegründers der Lufthansa und Schöpfers der deutschen Luftwaffe ab 1933 ist eigentlich fast alles abgehandelt, abgesehen von seiner nicht zweifelsfrei nachgewiesenen Herkunft.

Wenn man weiß, dass Erhard Milch auch in den Nürnberger Prozessen nur ausweichende Antworten hierüber gab, war es für mich nicht verwunderlich, bei der Nachlass-Sichtung nur einen Stammbaum mütterlicherseits zu finden. Interessant war allerdings ein Schreiben des Reichsführer SS Heinrich Himmler, der dem Schwager Erhard Milchs, dem Hagener Polizeipräsidenten, Danziger Regierungspräsidenten, Höheren SS-Führer und späteren Regierungspräsidenten von Lüneburg, Fritz Herrmann, bestätigte: „. . .mit der Abstammung Ihrer Ehefrau (Herta Herrmann geb. Milch) ist alles in Ordnung.“! Des Weiteren zeugen private Briefe, die hier erstmalig veröffentlicht werden, von der frühzeitigen (hier belegt seit 1933) Aszendenz. In dieser Dokumentation finden sich die Abbildungen bzw. Beschreibungen dieses Nachlasses.

Neben Orden, Ehrenzeichen, Urkunden, Effekten bisher nicht veröffentlichten Fotos und Varia, so auch ganz persönliche Aufsätze, Schriftverkehr und Einschätzungen aus der Zeit von 1907 bis 1945 und danach. Viele bisher angenommene Daten und Fakten sollten daher korrigiert oder ergänzt werden.

Ich möchte mit diesem Buch keine Glorifizierung betreiben, sondern lediglich Interessierten einen Einblick in das Leben und die Gedanken eines Mannes gewähren, der sich der Fliegerei, sowohl im Zivilen als auch Militärischen, verschrieben hatte. Ein Mann der hochgeflogen war, wohl wissend, dass es auch Landungen der unsanfteren Art gibt. In diesem Zusammenhang wird auf die „Tragödie der deutschen Luftwaffe“ von David Irving (Ullstein Verlag, Frankfurt/Berlin 1970) hingewiesen. Aber auch das kritische Gegenstück, das fast vergessene „Tragödie der deutschen Luftwaffe?“, quasi ein Anti-Milch/Irvingbuch (Vohwinkel Verlag, Neckargemünd 1970) von General der Flieger a. D. Theo Osterkamp, sei hier ausdrücklich erwähnt. Osterkamp lebte in den Nachkriegsjahren in Lüneburg. Das Urteil von Nürnberg hat allerdings ein Stigma hinterlassen, das den Generalfeldmarschall nicht in die Hierarchie anderer um die Aeronautik verdienter Persönlichkeiten einschließen lässt. Mein persönliches Fazit: Erhard Milch, ein Luftfahrtmanager (würde man heute sagen), dem der Marschallstab in die Hand gedrückt wurde.

Michael Maué

Lüneburg, im Dezember 2011,
anlässlich des 40ten Jahrestages der Marschallstab-Rückgabe